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Von Zeit zu Zeit tauchen in der Gourmetszene Fachbegriffe auf, die von Leuten aufgeschnappt und nachgeplappert werden, die zwar nicht viel von Wein verstehen, aber mit deren Verwendung Expertenstatus demonstrieren wollen. So wie man bei der Beschreibung von Speisen gerne „umami“ sagt, heißt das aktuelle Codewort beim Wein „mineralisch“.
Haben sie schon einmal an einem Stein gelutscht? Wenn es kein Salzstein war, wird er keine großartigen Geschmackseindrücke hinterlassen, da mögen englischsprachige Weinkritiker noch so sehr von „crushed stones“ (zermalmten Steinen) bei Weinen schwärmen, denen sie dann 96 Punkte aufwärts geben. Vom Aroma her könnten wir sicherlich nicht unterscheiden, ob wir an einem Quarzkristall, einer Schieferplatte oder einem Stück Dachsteinkalk zutzeln. Aber dass die Oberfläche eines Pflastersteins die Zunge anders kitzelt, als eine glatte Marmorkugel, leuchtet uns ein. Und damit haben wir immerhin eine Fährte, die wir verfolgen können, aber das heißt nicht, dass es sich um ein rein haptisches Phänomen handelt.
Was meinen wir also, wenn wir bei der Beschreibung von Weinen immer öfter das Adjektiv „mineralisch“ und das Substantiv „Mineralität“ als positive Qualität ansprechen? Einen Vorgeschmack auf die Komplexität des Themas bekommt man schon auf oesterreichwein.at im Kapitel „Unser Wein“ auf „Klima & Boden“. Dort kann man dabei gleich noch einen anderen viel strapazierten Modebegriff mitnehmen, der da heißt: Terroir. Wer sich tiefer in die geologischen, chemischen sensorischen Aspekte rund um den Begriff „Mineralität“ einlesen will, lese Christoph Raffelts hochinteressanten Text „Der Stein im Wein. Woher kommt die Mineralität?“.
Vielleicht ist es hilfreicher, wenn ich Ihnen schildere, wie ich mit diesem Begriff Bekanntschaft machte, nämlich nicht in einem Hörsaal und auch nicht bei der Lektüre eines Fachartikels, sondern in der Praxis beim Verkosten. Zum Beispiel bei Weinabenden mit dem legendären Weinpfarrer Denk, der die Gabe hatte, auch beim fröhlichen Zechen immer noch zu verkosten und sich die spezifischen Eigenschaften zahlloser Proben auf Dauer einzuprägen, um sie bei Bedarf abzurufen. Ich höre ihn heute noch von der „hohen mineralischen Versorgung“ schwärmen, wenn ihm ein großer Wein aus der Wachau und Umgebung besonders zusagte. Oder der Journalist Peter Breitschopf, ein anderer begnadeter Trinker, der einmal zu Protokoll gab, dass ein großer Wein einem einen gewissen Widerstand entgegensetzen müsse, über den man nachdenken könne, anstatt nur aalglatt die Gurgel runterzurinnen. Es geht also bei solchen Weinen nicht nur um die fruchtigen oder floralen Aromen, die jeder Laie als angenehm empfindet, sondern um mehr.
Dass die sogenannten „mineralischen“ Noten von Weinen nicht nur vom Boden stammen, umfassender gesprochen vom Terroir, sondern auch von Prozessen der Vinifikation und des Ausbaus beeinflusst werden, ist klar, wenn man die Lagenweine von Grundnachbarn vergleicht. Fakt ist, dass Fachleute eine bessere Chance haben, handwerkliche Charakterweine geographisch zuzuordnen, als von der Technik geprägte und auf Frucht getrimmte Produkte, die zwar in der Neuen Welt erfunden wurden, aber heutzutage auch in der Alten Welt gang und gäbe sind, weil viele Konsument:innen sie verlangen.
Weine, die man heute als „mineralisch“ anspricht, können an einigen Grundeigenschaften festgemacht werden: ein gutes Säurerückgrat, eine gewisse Salzigkeit, manchmal auch leicht rauchige Noten, oft unterlegt von frischen Zitrustönen. Dazu ein guter Biss, denn man Englisch „grip“ nennt, und der auch vom Gerbstoff kommen kann, eine engmaschige Textur und bei aller Finesse auch eine gewisse Kantigkeit. Aber Mineralität hat nichts mit Reduktion in der Nase zu tun und schon gar nichts mit jenen gerbstoffbelasteten, streng riechenden verunglückten Substanzen – oft mit mäßig originellen, poppigen Etiketten – die ihre Fehlerhaftigkeit mit den Begriffen „spannend“, „natural“ und fälschlich auch „mineralisch“ rechtfertigen.
Ein Musterbeispiel für mineralischen Charakter ist der französische Chablis: schlank, manchmal fast karg, mit zitroniger Säure und seinen typischen Feuersteinnoten im Bukett. Und weil man diese auf die im Gebiet typischen Kimmeridge-Unterböden von grauem Mergel mit fossilreichen Kalkbänken zurückführt, gilt der Chablis als Paradebeispiel eines „mineralischen“ Weins. Mir fallen hier auch noch weiße Burgunder ein, wobei man das Phänomen am besten anhand der Premiers Crus von Meursault studieren kann: die mineralischste Lage wäre „Les Perrières“, die den „steinigen“ Charakter bereits im Namen trägt, während „Les Charmes“ seine stärker lehmgeprägte Fülle und Balance im Schilde führt.
Der legendäre Champagner-Önologe Hervé Jestin ließ uns 1995 bei Duval-Leroy stille Chardonnay-Grundweine aus vier verschiedenen Orten probieren. Ich habe den Charakter der vier Typen immer noch vor mir: der rundeste stammte aus Vertus, der robusteste aus Oger, der expressivste (nach Sauvignon) aus Avize und der feinste und – ich schrieb es damals aufs Kostblatt – „mineralischste“ aus Mesnil-sur-Oger. Seinen Charakter mit dem feinen, „steinigen“ Kitzel in der Nase werde ich nie mehr vergessen. Mineralität beim Wein kann man also auch riechen.
Beim amerikanischen Wein hatte ich bisher nur einmal, vor 20 Jahren, eine ähnliche Assoziation, als mir auf der Wine Spectator Grand Tour in einem Meer von mehr oder weniger „oakigen“ Chards plötzlich der Chalone Vineyards mit seinen expressiv burgundisch-mineralischen Duft in die Nase fuhr.
In Österreich dagegen sind Terroirs mit sogenannt „mineralischem“ Talent gar nicht so selten: Zum Beispiel der Gföhler Gneis in der Wachau und rund um Krems, der auch in Röschitz im Weinviertel zutage tritt; die spezielle Formation am Heiligenstein im Kamptal; der Kalk im Traisental; Kalk und Schiefer am Leithaberg und erst die Steiermark, die sich beim Sauvignon gerade durch klare Terroireigenschaften neben der Loire mit Sancerre und Pouilly-Fumé als Hochburg positionieren konnte. Heute spiegeln die guten Weine an der südsteirischen Weinstraße den Opok und Muschelkalk, im Sausal rund um Kitzeck den roten und blauen Schiefer und im Vulkanland den Basalt, bei dem man sich schon fast an den weißen Catarratto vom Ätna erinnert fühlen könnte, wären diese Weine nicht trotzdem durch und durch steirisch im Charakter, also delikater als der doch sehr expressive und fordernde Etna.
Deutschland ist auch mit vielen „steinigen“ Lagen gesegnet, für die der Riesling als idealer Transmitter fungiert. Der Schiefer an der Mosel ist so ziemlich das Einzigartigste an Terroir, von den schwierigen Arbeitsbedingungen ganz abgesehen. Irgendwann müssen alle Weinbegeisterten auch einmal den Würzburger Stein in Franken besuchen, eine 85 ha große, zusammenhängende Muschelkalkformation, wo der Silvaner neben dem Riesling wacker sein Fähnlein hochhält. Diese urösterreichische Sorte, die bei uns nahezu ausgestorben ist, hat dort am Mittellauf des Mains, wo sie bis in die 60er Jahre „Östreicher“ genannt wurde, ihr ideales Terroir gefunden.
In Italien wären neben dem Ätna wohl die Pinot-Weißweine und auch der Sauvignon von Terlan in Südtirol oder der Soave von Inamas Lage Foscarino, die wir auch von Anselmi kennen, zu nennen. Etwas mehr Respekt verdiente der unterschätzte Verdicchio dei Castelli di Jesi aus den Marken westlich von Ancona.
Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs lernte die Weinwelt das Potenzial der Vulkanböden von Tokaj und der Sorte Furmint für trockene Weißweine durch den Bannerträger István Szepsy kennen. Aber nicht nur Tokaj hat großes Terroir. Roland Velich kümmert sich mit seiner Serie „Hidden Treasures“ besonders um interessante Spots und engagierte Aufsteiger im ganzen pannonischen Raum. Seine eleganten Cuvées mit Furmint von vulkanischen Böden am Balaton und in Somló bringen die auch im Burgenland langsam wieder zulegende Sorte finessenreich zur Geltung.
An diesem Punkt erhebt sich die Frage: Gibt es eigentlich keine mineralischen Rotweine? Und da fällt mir gleich Hannes Schuster ein, dessen persönlicher Stil es, ähnlich wie Dorli Muhr am Spitzerberg, weniger auf Opulenz, als auf Transparenz anlegt. Und natürlich ist der südburgenländische Eisenberg ein Mekka schlanker, mineralischer Weine. Bei diesem Stil scheiden sich die Geister. Aber wer im Rotwein mehr Zugänglichkeit sucht, muss nicht verdursten, denn es gibt genügend hochwertige Alternativen. Ich habe kürzlich eine Suche mit dem Begriff „mineral“ über das gesamte Weinsortiment von WEIN & CO laufen lassen und herausgefunden, dass bei 558 Artikeln „mineralisch“ oder „Mineralität“ verwendet wurde, also bei einem Viertel des Sortiments. Wahrscheinlich ist das bei einem Fine Wine Händler gar nicht so falsch, denn solche Weintypen gibt es in auch in Gebieten, an die man zunächst gar nicht denkt. Ich sage immer, dass auch der Veltliner vom Löß, wenn er gut ist, durchaus als „mineralisch“ angesprochen werden kann.
Das gilt auch für einige Appellationen an der französischen Rhône, wie zum Beispiel Côte-Rôtie, Saint-Joseph und speziell Cornas mit seinen einzigartigen Granitböden. Granit und Schiefer definieren auch den vielleicht angesagtesten Insiderstoff des spanischen Rotweinportfolios. Das kleine Gebiet heißt Ribeira Sacra und liegt in Galicien etwa 200 km nördlich von Porto. Ich lernte Ribeira Sacra während eines brillanten Vortrags des charismatischen Winewriters Matt Kramer kennen, der auf der New York Wine Experience 2017 davon sprach, was die Einzigartigkeit dieser Weine ausmacht: extrem steile Terrassenanlagen auf Granit- und Schieferböden mit einem dramatischen Klimamix zwischen atlantisch-gemäßigter Frische und kontinentalen Extremen sowie die Vorzüge der autochthonen Rotweinsorte Mencía. Und dann sprach er ausführlich über die Bedeutung von alten Reben. Nur wenn die Rebstöcke ein hohes Alter haben – 70 Jahre sind es bei der Finca Meixemán von Pedro Rodríguez Pérez – reichen die Wurzeln tief genug, um jene Nährstoffe herauszuholen, die den Unterschied an Komplexität ausmachen, die man dann mit Fug und Recht als „Mineralität“ ansprechen kann. Zum Schluss brachte Kramer jenen Vergleich, der die 1.200 Gäste im Grand Ballroom des Marriott Marquis am Times Square in schallendes Gelächter und Szenenapplaus ausbrechen ließ: „The difference in taste between wines from old vines versus young vines is like really good sex versus kissing your aunt.“
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